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- Kategorie: Geschichte
Erinnerung eines Gründungsmitgliedes
Was hatte mich bewogen meine Gedanken zur Gründung des Polizeisportvereins Cottbus 90 e.V. nieder zu schreiben? Es waren damals bewegte geschichtliche Zeiten, die so nicht wieder kommen.
Vieles gerät in Vergessenheit, wichtiges versinkt in die Bedeutungslosigkeit oder wird verfälscht dargestellt. Ich möchte diese Zeit – immerhin habe ich den PSV Cottbus 90 e.V. 11 Jahre als ehrenamtlicher Geschäftsführer geleitet – aus meiner Sicht darstellen.
Die Sportvereinigung „Dynamo“ haben die jungen Sportler nie kennen gelernt. Auch hier war ich viele Jahre tätig. Gerade diese jungen Sportler, sollen die Möglichkeit haben in unserer Geschichte nachzublättern. Ohne Geschichte wird es auch keine Tradition geben. „Nichts ist gewöhnlicher als Weltbetrachter, die über wehrlose Menschen früherer Zeiten zu Gericht sitzen und dabei Werte ihrer eigenen Gegenwart als Maßstab gebrauchen“.
Norbert Elias
Gründung des PSV Cottbus '90 e.V.
Prolog
Mit der politischen Wende, waren plötzlich alle „heiligen Kühe“ zum Schlachten frei gegeben. Eine „heilige Kuh“ war u. a. der Sport, konkret der Nachwuchsleistungssport. Das hieß, dass der Sport, für den bisher große finanziellen Mittel bereitgestellt wurden, um u. a. damit wirtschaftliche Leistungsstärke der DDR international zu präsentieren, in die Bedeutungslosigkeit abglitt. Es gab nur noch minimale finanzielle Unterstützung in dieser Übergangsphase. Nur wenige Sportfunktionäre wussten wo – und wenn überhaupt – wie viele finanzielle Mittel zu beantragen, wie und wofür sie zuerst einzusetzen waren.
Fast alle damaligen „bezahlten“ Sportfunktionäre mussten sich ab sofort um ihre eigenen Probleme kümmern, um über leben zu können. Viele erfolgreiche Trainer des DDR- Leistungssports mussten ins Ausland gehen, trotz herausragen der Leistungen im internationalen Sport. Für sie war bei uns plötzlich keine Verwendung mehr vorhanden. Für den Freizeit- und Nachwuchsleistungssport hatten sie unter diesen Bedingungen leider keine Zeit mehr.
Im Vorfeld der Auflösung der Sportvereinigung „Dynamo“ nahm ich bereits 1989 an einer Beratung des Polizeisportkuratoriums der BRD teil. Durch den damaligen Vorsitzenden und späteren Abteilungsleiter der Polizei in Mecklenburg – Vorpommern, Herrn Heinrich Heinsen, wurden klar die Strukturen der Polizeisportvereine aufgezeigt. Daraus schlussfolgernd war jedem klar, dass es zukünftig keine hauptamtlichen Trainer in der Polizei geben kann und wird, die ausschließlich für den Nachwuchsleistungssport tätig sind.
Diese Informationen waren für mich, in meiner Eigenschaft als Verantwortlicher des Nachwuchsleistungssports der SV Dynamo im Bezirk Cottbus die entscheidende Voraussetzung, viele gut ausgebildete Trainer( 21), medizinisches ( 1 Ärztin und 1 Krankenschwester) und technisches Personal(u. a. 6 Busfahrer und 1 Bootsbauer), in andere Polizeidienststellen zu versetzen. Voraussetzung war ihr Einverständnis sich für eine neue Tätigkeit weiterbilden zu wollen.
Für ihre bisherige Arbeit hätten besonders unsere Trainer, nirgendwo eine Beschäftigung erhalten, so erfolgreich sie auch bisher waren und obwohl alle eine Hochschulausbildung besaßen.
Einige Weltklasseathleten hatten bei unseren Trainern die entsprechenden Grundlagen für ihre spätere erfolgreiche internationale Entwicklung erhalten.
Die Gründungsidee eines Polizeisportvereines 1990
Zwei „Sportverrückte“, K.-D. Stellmacher (genannt Stelli) und ich wollten nicht zusehen, wie alles den Bach runtergeht. Viele Eltern unserer Sportler erwarteten ja auch Antworten, ob und wie die Kinder weiter Sport treiben können.
Fazit: „Wir müssen einen Verein gründen!“
Viele Fragen wurden gestellt aber wenige schlüssige und plausible Antworten gefunden. Also machten wir uns bei Vereinen in den alten Bundesländern schlau. Dienstliche und sportliche Kontakte nach Berlin, Mainz, Wuppertal, Saarbrücken und Kassel wurden geknüpft und genutzt. Es musste eine völlig neue Organisationsform geschaffen werden, denn den Nachwuchsleistungssport wie wir ihn kannten, gab es dort nicht.
Viel Literatur wurde gesichtet und gelesen, um u. a. die gesetzlichen Grundlagen und die Voraussetzungen für die Bildung eines Vereins zu kennen. Es musste eine Satzung her, eine Finanzrichtlinie u. a. entworfen werden, Anträge wurden an das Amtsgericht gestellt, zahllose Gespräche geführt, mit Firmen, Dienststellen, bisherigen Sportfunktionären, Eltern, Übungsleitern und solchen die es werden wollten und, und….. .
Ich erinnere mich noch, als Klaus-„Stelli“ seinen ersten Satzungsentwurf vortrug, war das für viele Mitglieder ein schwer verständlicher Paragraphenwald. Aber wir lernten schnell. Wir wollten ja auch aus eigener Kraft etwas auf die Beine stellen. Plötzlich wurden wir zu einem Wirtschaftsunternehmen, denn das Verwaltungsgebäude am Sportplatz in der Schlachthofstraße mussten wir soweit wie möglich vermieten, um Geld für die Unterhaltung und Nutzung zu bekommen. Es wurden Finanzpläne und Kalkulationen angestellt, Mietverträge entwickelt, ein Saunabetrieb eingerichtet und Werbeverträge abgeschlossen. Das war für uns eine völlig neue Situation!
Sie wurde nicht leichter, wenn man bedenkt, dass wir keinen „Pfennig“ in der Tasche hatten. Viel Lehrgeld haben wir gezahlt, aber wir haben uns nicht entmutigen lassen. Wenn wir nicht mehr weiter wussten, erhielten wir uneigennützige Hilfe von Sportfreunden aus Berlin und Nordrein-Westfalen.
Die Gründung und viele offene Fragen
Die verbliebenen Sportverrückten, die einen Verein gründen wollten, brauchten auch einen repräsentativen Vorsitzenden … .
Was lag näher, als den damaligen Leiter der Kreispolizeibehörde Cottbus, Gerd Röseberg, zu gewinnen. Gerd Röseberg war lange Jahre Vorsitzender der SG „Dynamo“ Cottbus – Mitte, deshalb fielen unsere Worte bei ihm auf sportlich-fruchtbaren Boden. Aber wer würde sich für die Aufgaben des Finanzbereiches bereit erklären?
Frau Elvira Dieke, aus der Abteilung Finanzen der damaligen Bezirkpolizeibehörde, die später bei der Kriminalpolizei tätig war, eine Frau mit Herz und Blick für das nötige Geld wurde gewonnen. Viele Überredungskünste benötigten wir nicht.
Den Sport in der Polizei gab es in unserer Region aber bereits seit1894. In der Cottbuser Gendarmerie – Offiziersstation wurde bereits Sport getrieben, aber mit völlig anderen Absichten und Zielstellungen. Im Juli 1921 wurde der erste Polizeisportverein gegründet, der VfL(Verein für Leibesübungen) Polizei Cottbus. Dieser Verein war ausschließlich für die „Körperertüchtigung“ der Junggendarmen in ihrer dienstfreien Zeit gegründet worden.
Der Name „Polizeisportverein“ lag also nahe. Die Tradition, die mit dem Bau unseres Sportplatzes an der Schlachthofstraße durch Polizisten 1954 begonnen wurde, sollte fortgesetzt werden. Beim Stöbern in alten Unterlagen wurde sogar ein alter Stempel, mit dem Aufdruck Polizeisportverein gefunden, der nun sorgfältig verwahrt wird.
In unserem Polizeisportverein sollten aber alle Sportinteressierten Sport treiben können. In dieser schwierigen Übergangsphase haben unsere Übungsleiter, Helfer und Eltern, ohne die kein Sport funktioniert, auf viel Geld verzichten müssen, da für Fahrten zu den Wettkämpfen und für das Training nur sehr wenig Geld vorhanden war.
Am 19.06.1990 führten wir unsere Gründungsveranstaltung durch. An dieser Veranstaltung nahmen die Delegierten von vier ehemaligen Dynamo-Sportgemeinschaften teil. Gerd Röseberg, Leiter der damaligen Kreispolizeibehörde Cottbus, wurde einstimmig als Vorsitzender gewählt.
Im gleichen Jahr wurde unser Polizeisportverein in das Vereinsregister eingetragen. In damaligen Zeit bestand unser PSV aus den Interessenabteilungen:
- Boxen
- Fußball
- Judo
- Rudern
- Kraftsport
- Schießen
- Volleyball
- Schwimmen
Diese waren übrig geblieben aus den ehemaligen fünf Cottbuser Dynamo- Sportgemeinschaften. Insgesamt hatten wir zu diesem Zeitpunkt 340 Mitglieder, hauptsächlich Kinder und Jugendliche. Als der Vorsitzende Herr Gerd Röseberg Ende 1990 aus gesundheitlichen und dienstlichen Gründen sein Amt nicht mehr ausüben konnte, übernahm sein Nachfolger Bernd Schneider seine Aufgabe. Bernd Schneider war Sport, besonders aber boxbegeistert, also hatte er auch Verständnis für unsere Probleme.
Die ehrenamtliche Führung des PSV wurde in der Anfangsphase, bedingt durch die Vielzahl an gesellschaftlichen Veränderungen, durch den Weggang von Vorstandsmitgliedern aus dienstlichen, familiären und persönlichen Gründen immer mehr geschwächt.
Hinzu kam, dass der Vorsitzende unseres PSV, Sportfreund Schneider, zusätzliche Aufgaben als Präsident des Boxsportverbandes Brandenburg zu erfüllen hatte und sein Amt als Vorsitzender des PSV zur Verfügung stellte. Dem Namen Polizeisportverein Cottbus 90 e.V. wurden wir kaum noch gerecht, es waren nur noch wenige Polizeibedienstete im Verein als Mitglieder registriert. Eine völlig neue Struktur war notwendig, wenn wir unseren Verein halten wollten.
Die zermürbenden Aufgaben der wirtschaftlichen Unterhaltung der Objekte waren für die verbliebenen Verantwortlichen Stress pur und hatten nichts mit Sport im eigentlichen Sinne zu tun.
Deshalb kam es nicht mehr zu einer geregelten Vorstandsarbeit und die Führung der Interessenabteilungen litt ebenfalls darunter. Letztlich blieben die Finanzerin und ich als Geschäftsführer übrig und waren die einzigen Ansprechpartner für die Interessenabteilungen.